Mit allen Sinnen.

Es gibt Dinge, die man vermutlich schon ein Leben lang in sich trägt, es aber erst geraume Zeit später erfährt. Damit meine ich nicht nur die MS.

Ich bin eine hochsensible Person, kurz auch HSP genannt.

Dies erfuhr ich dank einer Freundin, die selbst hochsensibel (auch hochsensitiv genannt) und sogar Coach für Hochsensible ist.

Wenn ich Menschen davon berichte, die von solch einem Dasein noch nie etwas hörten, ernte ich oft noch immer schiefe Blicke oder verzogene Mundwinkel. „Stell Dich doch nicht so an“, „Du bist halt ein Sensibelchen“ oder „Du bist aber auch empfindlich“ sind ein paar der Sätze, die ich seit meiner frühesten Kindheit kenne.

Was ist denn Hochsensibilität? Ich möchte das mit meinen eigenen Worten beschreiben, so kann ich dieses Gefühls(er)leben am besten für andere begreifbarer machen.

Schon als ich sehr klein war, nahm ich meine Umwelt und somit jegliche Reize intensiver wahr, als andere. Zugluft, körperlicher Schmerz, grelles Licht, stark gewürztes Essen, ein stetes Pochen oder Ticken, die Stimmungen der anderen – all dies traf ungefiltert auf mich ein.

Für andere war es ein angenehmes Lüftchen, ein harmloser Knuff in die Seite, herrlicher Sonnenschein, leckere Sauce, ’ne brav funktionierende Uhr und ganz normale gute oder schlechte Laune.

Situationen, in denen andere großflächig cool blieben, bescherten mir eine Armada von Klabautermännern in Hals, Brust und Bauch. Hoch die Tassen!

Stets hatte ich den Eindruck, ich würde nicht nur zwischen den Zeilen lesen, sondern auch fühlen. Und fühlte mich jahrelang, eigentlich sogar jahrzehntelang, „anders“, „merkwürdig“ und „sonderbar“.

Bis Sabine in mein Leben hüpfte.

Plötzlich fand ich total plausible Erklärungen dafür, weshalb ich mehr Zeit, mehr Ruhephasen für mich benötige, als normal sensible Menschen. Warum ich es schnell spürte, wenn Menschen um mich herum launentechnisch in Schräglage gerieten. Ich erfuhr, dass so gut wie alle Sinne verschärft ihre Antennen aufrichten und ich Infos aus jeglichen Himmelsrichtungen in Dauerschleife empfange, egal, in welche ich gerade meine Nase strecke.

Ich lernte und lerne noch immer, mit Reizen besser umzugehen und mit meiner eigenen Energie achtsam zu haushalten. Und das zu kommunizieren. In Verbindung mit der MS ist diese Lebenslektion eigentlich mehr als ein Geschenk. Ich bin verpflichtet, auf mich zu achten, weil ich sonst zu schnell zu voll bin. Und somit übersättigt.

Die Dosis macht das Gift.

Und ja, es gibt Situationen, in denen ich das HSP-Dasein kaum wahrnehme. Beispielweise in meinem Beruf. Vielleicht, weil ich sie da zum Einsatz bringen darf. Allerdings auch hier ein tolles Phänomen: Hochsensible arbeiten sehr häufig im sozialen Bereich. Leider ist die Hochsensibilität in Deutschland noch immer eher ein Zeichen von Schwäche, um es vorsichtig auszudrücken. In anderen Bereichen auf der Welt wird dieser Charakterzug, so nenne ich das jetzt einfach mal, sogar sehr geschätzt; er ist regelrecht erwünscht.

Erinnere ich mich gerade an eine Familie, die ich nach dem Tod der Mutter begleitete. Die Enkelin war auch HSP und so verstand ich ihre Bedürfnisse vermutlich besser, als eine Nicht-HSP. Das soll nicht abwertend klingen, nein. Aber so ist es doch oft im Leben…wenn man etwas teilt, sei es eine Krankheit, eine Lebensphase, Freude oder einen Verlust, versteht man das Gegenüber einfach besser, als Jemand, der nicht in der Situation steckt.

Soetwas kam schon öfter vor.

Und mittlerweile fühle ich mich weder sonderbar noch merkwürdig aufgrund der Tatsache, dass ich zu den Hochsensiblen gehöre. Bei uns ist das in der Familie übrigens gar nicht so selten 😉

Nun möchte ich Euch noch etwas ganz Tolles vorstellen, und zwar das Buch meiner Freundin Sabine Dinkel. Solltet Ihr meinen Blog schon länger verfolgen, kennt Ihr sie bereits. Bine hat einen der drei Gastblogs, die es bisher gibt, geschrieben.

Ihr Buch ist nicht mit Moralpredigten oder erhobenen Zeigefingern gespickt. Es ist ein wertvolles und mit viel Herz und Fachwissen geschriebenes Werkzeug für die Menschen, die selbst hochsensibel sind, oder auch für die, die mehr darüber erfahren möchten, lernen wollen, wie man den eigenen Alltag mit der Hochsensibilität mit einfachen und sehr wirkungsvollen Kniffen, Tipps und erneuerter Draufsicht erfrischen und erleichtern kann.

Sabine beschränkt sich nicht nur auf einen Lebensbereich. Das Spektrum bezieht den ganzen Tag mit ein, von morgens bis abends, vom Beruf bis in die Freizeit, über Freundschaft, Partnerschaft, Besuche beim Arzt und beinhaltet praktische Checklisten, sehr übersichtliche Tabellen und ist in einer leicht verdaulichen, zugleich spannenden, mit Humor gewürzten Schreibweise verfasst.

Lesen lohnt sich 🙂

Hier der Link zu Sabines Homepage, von der aus Ihr auch zu den Shops kommt, in denen man das Buch bestellen kann: „Hochsensibel durch den Tag“.

Wie immer freue ich mich über einen Austausch, über Emails und Eure Erfahrungen zum Thema.

 

2 Gedanken zu “Mit allen Sinnen.

  1. Hochsensibilität ist noch relativ neu im öffentlichen Bewusstsein. Das Umdenken und die Wertfreiheit dafür stecken aus meiner Sicht noch in Kinderschuhen. Es ist sicher immer wieder eine Herausforderung für Veranlagte, kann mit der nötigen Selbstsicht (wenn sie erlernt wird) aber als besonderes Geschenk gesehen werden. Ich habe diese Veranlagung ist gewissen Ausprägungen auch und lerne daran und damit gut zu leben…

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